Oldtimer Rallye...Um was gehts? 

 

 

Den geliebten Oldi einfach gnadenlos ohne Rücksicht auf Verluste über eine Strecke Prügeln? Kaffeefährtchen mit Gänseblümchen Pflücken Sonntag mittag?

 

Weder noch bzw beides zusammen ;-) Bei Oldtimer Rallyes besteht der Sinn nicht darin eine Bestzeit zu fahren sondern um eine Theoretischen Sollzeit genauerstens zu erfüllen. Sprich der Veranstalter gibt eine Sollzeit und somit eine Sollgeschwindkeit vor und der Teilnehmen MUSS so genau wie möglich an diese Zeit rankommen. Gemessen wird mittels Lichtschranke auf die 1/10 Sekunde (oder auch noch genauer). HÄÄÄ? Wie jetzt? Ganz einfach. Man Startet als Team zum Zeitpunkt X im Minuten Abstand das sich keine Teams in die Quere kommen. Bekommt dann für einen Distanz Y so und soviel Minuten/Sekunden Zeit. Der Weg zur Zeitkontrolle steht im sog. „Roadbook“ mit sog. „Chinesen“. Schon wieder Böhmisch Dorf? Ganz einfach: Druckt euch mal bei einem Routenplaner eine Route aus. Das ist das selbe. „Biegen sie nach 400m rechts ab, fahren sie 200m gerade aus, biegen sie dann links ab…“ usw. So sind auch Chinesen und lotsen einen so zur Zeitkontrolle. Da sich die meisten Rallyes im Bereich der STVO abspielen, also auf ÖFFENTLICHEN STRASSEN sind die Sollgeschwindkeiten und Zeiten „relativ“ gering. In der Regel gibt es Schnitte von ca 40Km/h. Schafft jeder Roller denken jetzt viele. Stimmt auch in der Theorie. Fakt ist aber das eine normale Autofahrt OHNE AUTOBAHN wie die tägliche Fahrt zur Arbeit ca. einen Schnitt von 60Km/h hat. Sprich 2 mal falsch abgebogen, einmal Pinkelpause, tanken etc. und schon muss man etwas die Kuh fliegen lassen um die Zeit noch zu schaffen. Es kann durchaus mal vorkommen das man mit reichlich „Vorzeit“ (man war zu schnell und muss nun bis zu 10Minuten an der Zeitkontrolle rumlungern) an die Kontrolle kommt und von hinten kommt ein anderer Teilnehmer mit 5 Startnummern vor euch der es mächtig eilig hat.

 

Gefahren wird in mehreren Etappen. Die Fahrtstrecke kann durchaus 200-400km an einem Tag betragen. Einzelne Etappen sind zwischen 10 und 50Km. Wiegesagt gestartet wird zu vollen Minuten, diese Zeit wird in der sog. „Bordkarte“ (eine Art Stempelkarte wie auf der Arbeit) vermerkt. Dann geht’s also auf die Reise. Verfranzt man sich nicht und fährt die Strecke ganz normal ist man meistens wie oben schon erwähnt mit etwas „Vorzeit“ an der nächsten Zeitmessung. Das heisst warten bis die Idealzeit erreicht ist und dann die letzten 50m zur Lichtschranke zu überqueren um dann hoffentlich die Zeit genauerstens getroffen zu haben. Also doch: Zeit zum Blumen Pflücken!

 

Eine weitere Methode ist die sog. „Sportliche Variante“. Den wie oben beschrieben kann man durchaus volle Kanne auf das rechte Pedal latschen und dann 15min Kaffeekränzchen vor der Zeitmessung veranstalten. Und hier greift die Sportliche Variante die für den Anfänger aber eher weniger geeignet ist. Hier heisst das Stichwort „Versteckte Kontrollen“. Sprich um die Idealzeit einzuhalten wird eine gewisse Schnittgeschwindigkeit ausgegeben. Als Beispiel: 43Km/h. Was machst beim Start? Was machst an einer roten Ampel? Was wen ein Trecker vor die fährt? Oder beim Abbiegen? Hier wird’s richtig Lustig. Das sind dann die Veranstaltungen wo jeder mit einem Burnout vom Start losballert wie ein bekloppter nur um schnellst möglich auf Reisegeschwindigekit zu kommen. Den unterwegs lauert irgendwo ein Offizieller mit einer Laserpistole im Wald und misst die Geschwindkeit der Teilnehmer, oder man kommt um die Ecke und es steht aufeinmal unangekündigt eine Lichtschranke vor einem…

 

Zeitmessanlage:

 

Und das einchecken in die selbige:

 

 

Egal welche Version man fährt…es höhrt sich erstmal alles ganz einfach an. Das ist Kernphysik in der Theorie auch…Die Praxis ist ganz anders. Das erfährt aber jeder irgendwann mal ganz schmerzlich ;-)

 

So was braucht man?

Natürlich erstmal einen zugelassen Wagen:

Ob ihr mit eurem Oldi starten dürft und in welcher Klasse (es wird nach Baujahr unterschieden) erfahrt ihr in der Ausschreibung des Veranstalters! Hier gilt: Bei Fragen -> kontaktiert den Veranstalter! Lieber einmal zuviel gefragt als nachher dastehen, viel Geld für den Start gezahlt zu haben und dann nicht mitfahren dürfen! Ach ja….das Startgeld seid ihr in der Regel IMMER los. Es handelt sich um ein sog. „Reuegeld“. Sprich wen ihr keine Lust habt oder Schwiegermutti sich zu Besuch ankündigt: Pech gehabt! Es gibt natürlich Ausnahmen, aber in der Regel ist das Geld weg ob ihr antretet oder nicht. Wen wir schon beim lieben Geld sind…Die Kosten für eine Rallye fangen bei 50€ und gehen bis ins Uferlose. Meistens ist eine Verpflegung die vom Wurtsbrot bis zum 4 Gänge Menü alles beinhalten kann inclu.

So ihr habt nun das passende Auto und eure Startgebühr abgelatzt…Dann benötigt ihr IMMER einen Beifahrer. Es soll auch Leute geben die sowas ALLEINE fahren…Ist aber die absolute Ausnahme. Der Beifahrer ist euer Navi und sollte sich mit eben solchen Chinesen auskennen und liest diese LAUT dem Fahrer vor. Ebenso bedient er die Stoppuhr(en) und wen vorhanden den Tripmaster. Und dann sind wir schon beim nächsten was man UNBEDINGT braucht: Stoppuhren! Im Idealfall 3 Stück. 2 hat der Beifahrer, eine der Fahrer. Es reicht auch für den Anfang eine. Ideal sind meiner Meinung nach 3. Die erste stoppt die komplette Zeit der Etappe, die 2. Stoppt die aktuelle Zeit und die 3. Hat der Fahrer als Reserve. Es gibt nix blöderes wen man mal auf der letzten Rille eine Staige hochknallt und in einer scharfen Kurve fällt dem Beifahrer die Uhr runter. Am besten noch auf den Stop Knopf! Dann is nämlich Kacke. Hier kann dann der Fahrer mit seiner Uhr aushelfen. Ist kein must have, aber als Reserve System nicht verkehrt. Und zuwas 2 Uhren? Ganz einfach…man nehme als Beispiel eine Wertungsprüfung mit 2 Lichtschranken die fliegend genommen werden (also ohne Zwischenstop). Es wird der erste Stop gemessen in als Beispiel 2,42min und die gesamte Etappe in 10,23min. Hier läuft eine Uhr für die Etappe mit und eine für die erste Wertungsprüfung (kurz WP genannt). Es würde auch mit einer Uhr gehen. Wobei wir dann beim Problem der Reserve währen UND das der Beifahrer die Strecke ansagen muss, die Lichtschranke runterzählen muss, die Uhr stoppen (wann der Fahrer meint das er durch die Lichtschranke ist), zurücksetzen und sofort wieder Starten…eher unwarscheinlich das da was gescheites bei rauskommt. Btw Profi Teams fahren eine ganze Veranstaltung im 1/10 Sekundenbereich wens sein muss. Ob man nun mechanische Uhren oder voll Digitale benutzen darf beantwortet euch der Fahrtleiter bzw eben der Veranstalter. Ich hab immer BEIDE dabei. Digitale haben den Vorteil das es sehr gute Uhren zum Schnäppchenpreis gibt und diese auch Rückwärts zählen Können. Mechanische sind grundsätzlich immer zugelassen. Aber relativ teuer. Als Beispiel: ich habe einen digitalen Hanhard Timer mit 3 eingebauten Uhren. Kostet 35€. Meine 2 Hanhard Mechanischen Uhren kosten 150€ beide. Und die sind noch Billig. Eine Tag Heuer, Junghans etc liegen schonmal bei 500 oder gar 1000€ wen man es Übertreibt…

 

 

Im Idealfall (wen man keine Veranstaltungen mit geheimen Kontrollen fährt) hat man dann noch einen sog. „Tripmaster“ am start. Bei Veranstaltungen MIT geheimen Schnittkontrollen ist das Pflicht. Aber Leute die sowas fahren brauche bestimmt keine Infos mehr ;-). Was ist ein „Tripmaster“? Das sind sehr genaue KM Zähler. Kann man auch mit dem Tageskilometerzähler fahren? Könnte man meinen. Ein Tripmaster ist aber auf 10m genau. Ist eben Doof wen es rechts 2 mal weggeht. Einmal nach 20m und einmal nach 40m…Welche Strasse nun reinfahren? Die erste und dann in 2Km merken das man falsch ist? Umdrehen und wieder zurück? Kann man machen…Wiegesagt ein Tripmaster ist keine Pflicht, erleichtert einem aber das Fahren.

Wie funktioniert das Teil? Hier gibt’s verschiedene Geräte. Nämlich 3 verschiedene:

1)      Voll digitale: Bei Oldi Veranstaltungen in den seltensten Fällen zugelassen. Als simples Beispiel: ein Fahhradtacho! Kostet 35€ und zeigt alles ziemlich genau an. Oder eine Takken besser und teurer: Terratrip 1. Fahre ich z.B. in meinem 2er Golf bei Orientierungsfahrten. Der Zähler ist frei Programiier und kalibrierbar, hat einen Geber wie ein moderner Tacho auch der in die Tachowelle eingebaut werden muss. Hierbei muss die Tachowelle abgesägt werden, die Welle durch den Geber gesteckt werden,  die Ummantelung gekürzt werden und dann alles wieder zusammengebaut werden. Somit gibt der Geber seine Signale an den Tripmaster. Dieser kann mittels Programmierung auf die entsprechende Reifengrösse kalibriert werden. Ein einfacher Terratrip 1 kostet ab 130€ aufwärts plus eben ca 50€ für den Geber und Einbaumaterial. Wiegesagt bei den seltensten Veranstaltungen zugelassen.

Bild zeigt einen Terratrip 1:

 

 

2)      Voll mechanisch: Grundsätzlich IMMER zugelassen sind die mechanischen Teile absolut perfekt. Leider ist der Preis eines Halda Tripmasters (daher auch der Name) meist teurer als die meisten Oldis UND neu nichtmehr zu bekommen! Gebrauchte gehen schonmal für 1500 und mehr weg! Auch hier wird mittels mechanischem Zwischenstück die Tachowelle angezapft und dann alles mechanisch erfasst. Kalibrieren ist allerdings sehr aufwändig mittels geänderter Zahnräder durchzuführen. Ein wirklich sehr gutes Teil, aber UNVERSCHÄMT teuer!

3)      Die goldene Mitte: Ein elektromechanisches Teil! Das ist ein Mischmasch aus Digitaler Aufnahme mittels Geber in der Tachowelle und einer mechanischen Anzeige. Als Beispiel: Brantz Retrotrip den ich auch fahre. Diese Teile sind in der Regel bei den meisten Veranstaltungen zugelassen, schnell kalibriert und relativ Kostengünstig. Neu liegt der Retrotrip bei ca 450€ plus 50€ für Geber und Einbaumaterial. Der einzige Nachteil liegt bei seiner Genauigkeit. Aber den Unterschied merken meiner Meinung nach wirklich nur die Profis. Für ein und umsteiger Ideal! Hier lohnt sich auch mal einen Blick in die lokalen Kleinanzeigen oder dem grossen Auktionshaus. Gebrauchte kann man zwar sehr selten aber dann durchaus günstig bekommen.

Einbau des Gebers an der Tachowelle:

 

 

Bild zeigt einen Brantz Retrotrip auf Montageplatte für einen 911er:

 

 

 

Wiegesagt hilfreich aber kein MUSS!

 

So dann habt ihr den passenden Wagen, der Beifahrer ist Fit und mit Stopuhren ausgerüstet, kann das Roadbook lesen und verstehen, hat noch idealerweise einen Tripmaster vor der Nase…Dann geht’s los! Die Uhr zählt Richtung NULL, die Drehzahl wird in den optimalen Drehmomentverlauf geschoben, die Ampel wird grün, Kupplung kommen lassen und ab geht die Lutzi. 200m rechts abbiegen, 400m Ortsschild raus, Vollgas den Berg hoch, Zeitkontrolle erreichen, optimale Zeit anwarten, die letzten 50m entweder mit rauchenden Reifen oder im Schneckentempo und das bestmöglichste hoffen….Und ne Menge Spass haben ;-)